Im Rahmen des Hansa Forum im Hansa Viertel in Münster gab es die Möglichkeit Projektanträge zur Entwicklung des Stadtteils zu stellen. Insgesamt standen Gelder in Höhe von 250.000 € zur Verfügung.

In diesem Beitrag stelle ich den Projektantrag vor. Er war im Grunde der erste Schritt in Richtung Verwirklichung des Donakonomie - Gedankens. Aus gesundheitlichen Gründen habe ich damals den Antrag wieder zurückgezogen.

Projektantrag (Auszüge)

Kurzbeschreibung

Ausgehend von den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Anwohner und den existierenden Ressourcen im Hansaviertel will dieses Projekt einen oder mehrere innovative Gabenkreise initiieren. Im Gegensatz zu dem Denken des “Habenwollens” und der “Ich brauche Geld” Philosophie, soll hier ein Bewusstsein über die vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen entstehen. Diese können, auch ohne über Geld zu verfügen, ausgetauscht werden.

Projektziele

Initiierung der Kommunikationsagentur “Gabenkreise Hansaviertel”

Viertelbezogenheit !!

  • Das Hauptziel des Projektes ist der Aufbau einer vorerst ehrenamtlichen Agentur die vielfältige und vertrauensvolle Beziehungen im Viertel knüpft. Erst die Beziehungen unter den Teilnehmern machen die Gabenkreise lebendig.

  • Es braucht kurze Wege, damit die Teilnahme attraktiv ist. Es braucht reale Begegnungen um sich gegenseitig wahrnehmen zu können und dadurch langfristig Vertrauen aufzubauen.

  • Über die Agentur Gabenkreise Hansaviertel kann jede’r Mitmacher’in ein Beziehungsnetzwerk in verschiedensten Qualitäten nutzen. Vom einfachen Ressourcen schonen ohne das ich meine gegenüber persönlich kenne, bis hin zu gemeinschaftlichen Anschaffungen oder Aktivitäten ist alles möglich.

Gemeinsam mit den Viertelbewohner*innen soll eine Marktplatz für Gegenstände, Bedürfnisse und Fähigkeiten entstehen.

  • Dieser Marktplatz soll einerseits digital nutzbar sein und andrerseits auch immer wieder bei realen Markttreffen mit Leben gefüllt werden.

Durchführung von Veranstaltungen zum Kennenlernen und Austauschen

  • In der ersten Phase sollen Begegnungsmöglichkeiten (Digital und Real) angeboten werden um eine gemeinsames Leitbild zu entwickeln.

  • Im späteren Verlauf sollen dann Markttreffen organisiert werden bei denen die Möglichkeit besteht seine Talente und Fähigkeiten vorzustellen und gebrauchte Gegenstände zu tauschen oder zu verschenken.

Veranstaltungsideen

Vorbereitende Wissensarbeit
  1. Geldgeschichte-n
  • Der Geldbegriff hinkt der gesellschaftlichen Entwicklung hinterher. Wir arbeiten immer noch mit einem Geldbegriff aus dem 19. Jahrhundert. In diesem Workshop geht es darum den Geldbegriff aus aktueller Sicht neu zu betrachten. Obwohl es z.B. einen fundamentalen Unterschied zwischen “Geld in und als Marktwirtschaft” und “Geld in und als Finanzwirtschaft” gibt, wird dies in der Gesellschaft mittlerweile fast gleichgesetzt. Aber auch andere Aspekte der überholten Definition des Geldbegriffs werfen immer mehr Probleme auf.
  1. Hat Zukunft Geld?
  • Die Frage nach der Zukunft des Geldes lässt sich solange nicht beantworten, wie es kein wirkliches Verständnis vom aktuellen Geldbegriff gibt. Erst durch die Erarbeitung eines gemeinsamen Bewusstseins was Geld in unserem Leben bedeutet und welche Auswirkungen es auf unser Leben hat, kann man sich der Frage: Hat Zukunft Geld? stellen. In diesem Workshop soll es darum gehen ein eigenes Verständnis von Geld zu erarbeiten und dies in den lokalen Bezug zum Hansaviertel zu setzen.
  1. Selbstgemachtes Geld
  • In diesem Workshop geht es darum verschiedenste Ideen und Modelle zu erkunden, bei denen Bürger Ihr eigenes Geld erschaffen haben. An Best Practice Beispielen aus ganz Europa können wir vielfältige Einsichten über die Wirkweisen von"selbstgemachtem Geld" wahrnehmen.
  1. Tauschring 3.0
  • Wirkmechanismen der Tauschringe 1.0 und 2.0

    • Tauschringe 1.0 = Alternative Geldexperimente
    • Tauschringe 2.0 = Erweiterte Nachbarschaftshilfe
  • Dimensionen des sozialen Miteinanders

    • Verschiedenen Ebenen der Dokumentation
      • Verrechnen
      • Beitragen
      • Schenken
  1. Donakonomie
  • Donakonomie ist eine Kunstwortschöpfung und aus den beiden Esperanto - Begriffen für Gabe = Donaco und Ökonomie = ekomomio zusammengesetzt. Der Begriff der Gabe ist uralt und wurde in den letzten Jahrhunderten vergessen. Da er vollkommen ohne Geld auskommt, wurde er einerseits vermeintlich nicht mehr benötigt und stand andrerseits dem immer zentralisierteren Machtanspruch vieler Gesellschaften im Wege. Vor allem im Zeitalter der industriellen Revolution war Effiziens und maschinenhafte Funktionalität das oberste Gebot. Desweiteren ist für eine geldgesteuerte Martwirtschaft Wachstum und ständig steigender Konsum unabdingbar. In diesem Workshop gilt es herauszufinden, wie wir gemeinsam der Gabe wieder mehr Raum einräumen können.

Konfiguration einer Austauschplattform

  • Zum Einsatz kann die Software Cyclos der niederlädischen Stiftung Stroh kommen. Diese Software wird seit mehr 10 Jahren international erfolgreich verwendet. Viele deutsche Tauschringe verwenden Sie. Unter anderem der Münsteraner Tauschring LoWi e.V.

Hintergrundinformationen für die hohen Gutachterkosten

(Im Projektantrag waren ca. 12.000 € für ein Gutachten zur rechtlichen Einordnung dieser Idee vorgehsehen.)

Auf den ersten Blick erscheinen die Gutachterkosten im Verhältnis zu den Gesamtprojektkosten sehr hoch. Sie machen mehr als 50 % des Gesamtbetrages aus. Ich möchte hier einige Hintergrundinformationen liefern, warum die Kosten so hoch sind und warum es dennoch wesentlich ist diese Kosten zu bewilligen.

Die Tauschringbewegung (aus dessen Erforschung diese Projektidee entstanden ist) ist seit Ihren Anfängen ca. 1996 daran gescheitert Ihren innovativen Ansatz in das bestehende Rechts,- und Steuersystem zu integrieren.

Der Tatbestand der selbstorganisierten Verrechnung auf Bürgerebene ist im deutschen Recht und dem aktuellen Geldbegriff eigentlich nicht fassbar. Die bisher entwickelten Regeln und Gesetze benötigen einen Zahlungsvorgang der abgeschlossen ist. In dem Moment der Zahlung kann man eine Größenordnung für die staatlichen Gebühren und Steuern erheben. Nun gibt es bei der Verrechnung – die ja nie abgeschlossen ist und eigentlich nur gegenseitige Leistungen dokumentiert – keinen Zahlungsvorgang. Denn wenn ich eine Leistung liefere, bekomme ich ja nichts außer eine Information. Ich habe geliefert. Dies ist keine Bezahlung und kann damit steuerrechtlich nicht erfasst werden. Bekomme ich nun irgendwann eine Gegengabe, geschieht wieder keine Bezahlvorgang und vor allem die vorher dokumentierte Leistung ist ausgeglichen. Also Null. Null mal X % Steuern bleibt Null.

Die bisherige Stellungnahme der Bundesregierung betrachtet die Verrechnung einerseits unter dem Aspekt des Nebengeldbegriffs (Nebengeld ist in Deutschland verboten) andrerseits unter dem Aspekt des Direkttausches. Beides trifft auf eine Gaben basierte Verrechnung nicht zu. Da es sich nicht um einen Tausch handelt und auch nicht um einen mit Geld bezahlten Kauf fällt es sozusagen durch unser Raster.

Siehe dazu:

Tauschwiki Kleine Anfrage im Bundestag 1997

Durch die vorgestellte Thematik kommt es nun zu folgenden Situation: Da der Tatbestand der Verrechnung rechtlich nicht erfasst werden kann, wird alles was in einem Gabenkreis geschieht entweder als Direkttausch behandelt oder als Nebengeld. Wird es als Nebengeld gesehen, ist es verboten. Wird es als Handel mit Geldwerten Gütern gesehen, fallen Steuern in € an.

Damit wird die innovative Kraft der Idee zumindest stark behindert. Denn in einem Gabenkreis kann ich Ressourcen umnutzen und Aktivitäten austauschen ohne über Geld zu verfügen. Wird jedoch eine relevante Größe erreicht, werden die Aktivitäten besteuert und die Steuern werden in € fällig. Für das Finanzamt sind Verrechnungseinheiten eine Auslandswährung, deren Wert in Euro umgerechnet wird.

In dem Gutachten soll es dann genau auch um diesen Punkt gehen. Wie muss ein Gabenkreis konstituiert sein, damit die ggfs. anfallenden Steuern eben nicht in Geld, sondern in der benutzten Verrechnungseinheit beglichen werden. Hier sprechen wir ausdrücklich nur von Kommunalen Steuern, da die Verrechnungseinheit auch nur in der Kommune wirken kann.

Dies könnte in erheblichem Maße dazu beitragen die auf uns zukommenden Finanznöte der Kommune abzufedern.

Aufgrund der anderen Rechtssituation ist in der Gemeinde Vorarlberg in Österreich seit einigen Jahren die Begleichung kommunaler Steuern möglich. Es gibt dort Geschäfte in denen Sie mit Vorarlberger Talenten einkaufen können. Die modernen Registrierkassen können dies abwickeln.

Der Visionär hinter dem Projekt in Vorarlberg soll zum dritten Workshop “Selbstgemachtes Geld“ als Referent eingeladen werden.

Man könnte jetzt sagen, OK. Warum schließen sich dann nicht die vorhandenen Initiativen (Tauschring, Zeitbanken,etc.) zusammen und teilen sich diese Kosten.

Nun aus den oben beschriebenen Gründen gibt es fast keine Projekte die so erfolgreich sind als das Sie wirklich Geld dafür ausgeben könnten. Außerdem sind die meisten Initiativen eher als Nachbarschaftshilfen aufgestellt (meistens zwischen 30 und 70 Menschen) und es gibt keinerlei übergeordnete Organisation, die überhaupt einen Aufruf verbreiten könnte.

Im Umkehrschluss könnte allerdings dies hier investierte Geld eine wahren Boom von Initiativen in Deutschland auslösen.

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